Der 25. November 2025 ist in Speyer unspektakulär grau und leicht regnerisch.
Und doch: eine Versammlung von etwa 100 Personen fällt auf, gegenüber dem Stadthaus, durch orange Kleidung, Mützen, Schals und Schirme. Es sind die engagierten Bürgerinnen und Bürger, die heute – wie seit einigen Jahren an diesem Tag – wieder daran erinnern wollen, dass physische und psychische Gewalt gegen Frauen in unserer Gesellschaft ein Skandal sind und nicht hingenommen werden dürfen.
Es sind neben einigen mutigen Herren (u.a. Axel Elfert mit Gewerkschaftsfahne) überwiegend Frauen vertreten, die Omas gegen rechts, die Zontas und die Soroptimistinnen, die engagierten Mitglieder des Arbeitskreises der Stadt gegen Gewalt, die komplette weibliche Stadtspitze mit Oberbürgermeisterin Stefanie Seiler, Bürgermeisterin Monika Kabs und Beigeordneter Irmgard Münch-Weinmann.
Aber die Oberbürgermeisterin lässt in ihrer engagierten Rede keinen Zweifel: es ist eine gesamtgesellschaftliche, individuelle, aber auch politische Aufgabe, diese Gewalt zu adressieren, zu ächten, sie zu bekämpfen. Wir können und dürfen nicht akzeptieren, dass an fast jedem Tag in Deutschland eine Frau durch die Hände ihres Partners / Ex-Partners tödlich bedroht wird.
Die Zahlen des Bundeskrimialamtes aus dem Jahr 2025 sprechen eine deutliche Sprache:
- 132 Frauen wurden im Jahr 2024 durch ihren (Ex-)Partner getötet. Fast jeden Tag gab es einen Tötungsversuch: 308 Frauen wurden Opfer von (versuchtem) Mord oder Totschlag.
- Weniger als alle 4 Minuten erlebte eine Frau partnerschaftliche Gewalt.
- 171.069 Personen (135.713 Frauen und 35.356 Männer) waren 2024 von Partnerschaftsgewalt betroffen. Im Vergleich zu 2023 ist die Anzahl der Gewaltdelikte in Partnerschaften um 1,9% gestiegen (bei weiblichen Opfern um 2,1%).
- Unter den Tatverdächtigen sind Männer weiterhin deutlich überrepräsentiert (77,7%).
- 4.634 Frauen erlebten sexualisierte Gewalt durch ihren (Ex-)Partner.
- 12.912 Frauen wurden von ihrem (Ex-)Partner schwer oder gefährlich körperlich verletzt.
- 38.496 Frauen zeigten ihren (Ex-)Partner wegen Bedrohungen, Stalking oder Nötigung an.
- Im Kontext von Partnerschaftsgewalt stieg die Anzahl der Opfer von digitaler Gewalt gegenüber dem Vorjahr um 10,9% auf 4.876.
Quelle: BKA, Nov. 2025
Als Zeichen für den Protest und als Mahnung an die Öffentlichkeit hissen die Oberbürgermeisterin und die Bürgermeisterin, begleitet vom Applaus der Anwesenden, die orange Flagge „Speyer sagt NEIN! zu Gewalt gegen Frauen und Kinder“. Sie wird bis zum 10.12., dem letzten Tag der sogenannten „Orange Days“ an vielen Stellen in der Stadt sichtbar sein. Die orange lackierten Stühle werden an verschiedenen zentralen Stellen in der Maximilianstrasse als stille, aber unübersehbare, Mahner, aufgestellt.
Am Vortag, dem 24. November, war schon der Spendenbaum des Frauenhauses Speyer in der Postgalerie mit einem kleinen Festakt eingeweiht worden.
Wir Soroptimistinnen des Clubs Speyer waren bei beiden Veranstaltungen zahlreich vertreten; es wird von uns in diesen „orangenen Tagen“weitere Aktionen geben: Wir wollen das Thema in die Öffentlichkeit tragen und die Menschen dazu anregen, darüber miteinander ins Gespräch zu kommen, wir wollen Öffentlichkeit herstellen und Aufmerksamkeit schaffen. Wir wollen von Gewalt Betroffenen Mut machen, und dazu beitragen, dass das Frauenhaus Speyer sichere Plätze und gute Betreuung für Frauen und Kinder zur Verfügung stellen kann; wir wollen die Freundinnen und Freunde, die Nachbarinnen und Nachbarn, die eventuell Zeichen von Gewalt in der Partnerschaft wahrnehmen, dafür sensibilisieren und dazu aufrufen, Betroffene dabei zu unterstützen, aus dem Kreislauf der Gewalt auszubrechen. Deshalb verteilen wir in Speyerer Gaststätten die Bierdeckel mit der Telefonnummer des Hilfetelefons, haben wir die großformatigen Plakate in Speyer, Otterstadt, Harthausen und Römerberg bestellt und deshalb postet unsere social media Beauftragte während der 17 Tage täglich Infos zu unserem Anliegen: „Sagt Nein! zu Gewalt gegen Frauen und Kinder!“
